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Sie haben den perfekten Kandidaten gefunden. Alles passt – bis zum Gehaltsgespräch. Plötzlich liegt die Forderung 15 Prozent über dem Budget. Müssen Sie absagen oder riskieren Sie den internen Unfrieden? Erfahren Sie, wie Sie das „Closing“ professionell steuern.

Das Dilemma: Externer Marktwert vs. Internes Gefüge

Die Situation kennt jeder Recruiter und Hiring Manager: Der Talentmarkt ist hart umkämpft. Gute Kandidaten haben mehrere Angebote. Um im „War for Talent“ zu bestehen, scheint es verlockend, einfach jeden Preis zu zahlen, den der Wunschkandidat fordert.

Doch diese Strategie ist hochgefährlich.

Wenn Sie einem neuen Mitarbeiter deutlich mehr zahlen als Ihren langjährigen, treuen Leistungsträgern in vergleichbaren Positionen, schaffen Sie ein massives Gerechtigkeitsproblem. Spätestens mit der EU-Entgelttransparenzrichtlinie 2026 wird diese Diskrepanz sichtbar – und führt zu Unzufriedenheit, Demotivation und Kündigungen im Bestand.

Als Experte für Gehaltsvergleiche mit über 25 Jahren Erfahrung sehe ich dieses Dilemma täglich: Unternehmen, die im Recruiting zu großzügig sind, zahlen doppelt – einmal für den Neuen, und ein zweites Mal, wenn sie die internen Gehälter nachziehen müssen, um die Bestandsmitarbeiter zu halten.

Die Lösung liegt nicht darin, jeden Preis zu zahlen, sondern darin, intelligent zu verhandeln.

Die 3 Säulen des erfolgreichen Recruiting-Closings

In meinen Trainings für HR und Hiring Manager vermittle ich ein dreigliedriges Modell, das es ermöglicht, Top-Talente zu gewinnen, ohne das interne Gehaltsgefüge zu gefährden:

Säule 1: Variabilisierung

Wenn das Fixgehalt an seine Grenzen stößt, nutzen Sie variable Komponenten:

Sign-on Bonus (Antrittsbonus): Eine einmalige Zahlung bei Vertragsunterzeichnung oder nach bestandener Probezeit. Dieser Bonus gleicht kurzfristig die Gehaltslücke aus, ohne das dauerhafte Fixgehalt zu erhöhen. Oft wird er mit einer Rückzahlungsklausel kombiniert: Verlässt der Mitarbeiter das Unternehmen innerhalb von 12 oder 24 Monaten, muss er den Bonus anteilig zurückzahlen.

Leistungsbonus im ersten Jahr: Vereinbaren Sie einen ehrgeizigen, aber erreichbaren Bonus, der an messbare Ziele gekoppelt ist. So können Sie die Total Cash Compensation im ersten Jahr erhöhen, ohne das Grundgehalt dauerhaft anzuheben.

Variable Vergütung: Etablieren Sie von Anfang an eine Bonuskomponente, die an Unternehmens- oder individuelle Ziele gekoppelt ist. Das motiviert und gibt Ihnen Spielraum, ohne das Fixum zu sprengen.

Säule 2: Die Entwicklungstreppe

Statt von Beginn an das Maximum zu zahlen, vereinbaren Sie einen Step-Plan:

Gehaltsanpassung nach Probezeit: „Wir starten bei X. Nach erfolgreicher Probezeit und Erreichen der vereinbarten Onboarding-Ziele passen wir auf Y an.“ Das gibt Ihnen die Möglichkeit, die tatsächliche Leistung zu bewerten, bevor Sie das volle Wunschgehalt zahlen.

Meilenstein-basierte Erhöhungen: Definieren Sie klare Entwicklungsziele für die ersten 12 bis 18 Monate. Bei Erreichung erfolgt eine automatische Gehaltsanpassung. Das signalisiert Entwicklungsperspektive und bindet den Kandidaten langfristig.

Schnellere Gehaltsrunden: Statt einer jährlichen Überprüfung vereinbaren Sie halbjährliche Reviews. So kann der Kandidat schneller auf das gewünschte Niveau kommen – aber basierend auf bewiesener Leistung.

Säule 3: Die „Soft-Dollar“ Strategie

Bevor Sie überhaupt über Zahlen sprechen, verkaufen Sie das Gesamtpaket. Viele Kandidaten sind bereit, beim Gehalt Abstriche zu machen, wenn andere Faktoren stimmen:

Flexibilität: Remote-Work-Optionen, flexible Arbeitszeiten, Vertrauensarbeitszeit – diese Freiheiten haben für viele Kandidaten einen höheren Wert als 5.000 Euro mehr Gehalt.

Tech-Stack und Tools: Entwickler wollen mit modernen Technologien arbeiten, nicht mit Legacy-Systemen. Marketing-Experten wollen Zugang zu professionellen Tools. Das richtige Equipment kann ein Gehaltsargument sein.

Purpose und Impact: Gerade für jüngere Talente ist die Sinnhaftigkeit der Arbeit entscheidend. Wenn Sie ein Purpose-driven Unternehmen sind, betonen Sie das.

Entwicklungsmöglichkeiten: Weiterbildungsbudget, Konferenzbesuche, interne Akademie – Investitionen in die Entwicklung des Mitarbeiters sind oft wichtiger als das letzte Gehaltsplus.

Kommunikation der Gehaltsbänder

Ein häufiger Fehler im Recruiting: Die Gehaltsfrage wird zu spät gestellt. Dann haben beide Seiten bereits Zeit und Emotionen investiert – und plötzlich liegt eine unüberbrückbare Lücke auf dem Tisch.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Geldfrage?

Im Inserat: Nennen Sie eine Gehaltsspanne. Das EU-Transparenzgesetz wird dies ohnehin zur Pflicht machen. Der Vorteil: Sie filtern von Anfang an Kandidaten heraus, deren Erwartungen unrealistisch sind.

Im Erstgespräch: Fragen Sie nach den Gehaltsvorstellungen des Kandidaten, bevor Sie in die zweite Runde gehen. Formulieren Sie transparent Ihre Gehaltsbandbreite für die Position.

Nutzen Sie den Anchoring-Effekt: Wer zuerst eine Zahl nennt, setzt den Anker. Wenn Sie Ihre Gehaltsspanne früh kommunizieren, orientiert sich die Verhandlung daran. Wartet der Kandidat mit seiner Forderung zu lange, riskiert er, unter seinem möglichen Maximum zu bleiben.

Wichtig: Kommunizieren Sie nicht nur das Fixgehalt, sondern die Total Cash Compensation – inklusive Boni, Benefits, Firmenwagen, Pensionszusagen. Oft ist das Gesamtpaket attraktiver, als es das reine Grundgehalt vermuten lässt.

Wenn der Wunschkandidat „zu teuer“ bleibt: Die Opportunitätskosten-Rechnung

Sie haben verhandelt, variabilisiert, das Gesamtpaket verkauft – und trotzdem liegt die Forderung des Kandidaten noch über Ihrem Budget. Müssen Sie absagen?

Nicht unbedingt. Machen Sie eine ehrliche Opportunitätskosten-Rechnung:

Was kostet die unbesetzte Stelle?

  • Wie viel Umsatz oder Produktivität verlieren Sie pro Monat, in dem die Position vakant bleibt?
  • Wie viel Zeit und Geld haben Sie bereits in den Recruiting-Prozess investiert?
  • Wie lange würde eine Neusuche dauern? Realistische Time-to-Hire: 3 bis 6 Monate für spezialisierte Positionen.
  • Welche indirekten Kosten entstehen durch Mehrarbeit im Team oder verzögerte Projekte?

Beispielrechnung: Eine Vertriebsposition mit einem Zielgehalt von 80.000 Euro bleibt 6 Monate unbesetzt. Der erwartete Umsatzbeitrag: 500.000 Euro pro Jahr, also 250.000 Euro in 6 Monaten. Die Recruiting-Kosten bisher: 15.000 Euro. Der Wunschkandidat fordert 90.000 Euro statt 80.000 Euro – ein Mehraufwand von 10.000 Euro pro Jahr.

Ergebnis: Die 10.000 Euro Mehrkosten sind lächerlich im Vergleich zu den 250.000 Euro entgangenem Umsatz und den bereits verlorenen 15.000 Euro Recruiting-Kosten. Hier ist es wirtschaftlich sinnvoll, das Budget zu überschreiten.

Aber Achtung: Diese Entscheidung muss bewusst und einmalig sein, nicht zum Standard werden. Und sie sollte mit einer klaren internen Kommunikation einhergehen, warum diese Ausnahme gerechtfertigt ist.

Praxistipp: Die „Pramböck-Abschluss-Formel“

Die Art, wie Sie Ihr finales Angebot formulieren, entscheidet oft darüber, ob der Kandidat zusagt oder ablehnt. Es geht nicht nur um die Zahlen, sondern um das Gefühl der Wertschätzung.

Falsch: „Mehr als 75.000 Euro können wir leider nicht bieten.“

Diese Formulierung klingt nach Kapitulation. Der Kandidat fühlt sich nicht gewonnen, sondern nimmt ein Angebot zweiter Wahl an.

Richtig: „Wir sind überzeugt, dass Sie eine Bereicherung für unser Team sind. Deshalb haben wir uns intern stark für Sie eingesetzt. Das beste Angebot, das wir Ihnen machen können, liegt bei einem Fixgehalt von 75.000 Euro, einem Antrittsbonus von 5.000 Euro nach bestandener Probezeit, und einem variablen Bonus von bis zu 15 Prozent bei Zielerreichung. Damit liegen Sie im ersten Jahr bei einer Total Cash Compensation von bis zu 91.250 Euro. Zusätzlich garantieren wir Ihnen eine Gehaltsüberprüfung nach 12 Monaten auf Basis Ihrer Leistung und der Zielerreichung. Wir würden uns freuen, Sie in unserem Team zu haben.“

Diese Formulierung zeigt:

  • Sie haben sich für den Kandidaten eingesetzt (Wertschätzung)
  • Sie nennen nicht nur das Fixum, sondern das Gesamtpaket (Total Rewards)
  • Sie geben eine Entwicklungsperspektive (Gehaltsüberprüfung)
  • Sie enden mit einer positiven Einladung (Emotionale Komponente)

Der Kandidat fühlt sich gewollt, nicht abgespeist.

Recruiting-Closing ist strategisches Erwartungsmanagement

Talent Acquisition ist kein Basar, auf dem derjenige gewinnt, der am lautesten feilscht. Es ist strategisches Erwartungsmanagement. Wer die richtigen Fragen zur richtigen Zeit stellt, intelligent variabilisiert und das Gesamtpaket professionell verkauft, gewinnt Top-Talente – ohne das interne Gehaltsgefüge zu sprengen.

In meinen Workshops für HR und Hiring Manager trainieren wir die Kunst des Closings: Wann kommuniziere ich Gehaltsbänder? Wie nutze ich den Anchoring-Effekt? Wie formuliere ich ein finales Angebot, das überzeugt? Wie rechne ich Opportunitätskosten transparent? Wir arbeiten mit realen Szenarien aus Ihrem Recruiting-Alltag und entwickeln gemeinsam Strategien, die zu Ihrer Unternehmenskultur und Ihrem Marktumfeld passen.

Ziel ist es, dass Ihre Recruiter und Hiring Manager nicht mehr im letzten Moment Top-Kandidaten verlieren, weil sie unsicher im Gehaltsgespräch sind, sondern souverän und erfolgreich den Sack zumachen.

Kontaktieren Sie mich für ein individuelles Angebot:

Ich entwickle gerne ein maßgeschneidertes Training für Ihr Recruiting-Team, das auf die spezifischen Herausforderungen Ihres Unternehmens und Ihrer Branche zugeschnitten ist.

Dr. Conrad Pramböck
Upstyle Consulting GmbH
cp@conradpramboeck.com
Mobil: +43 – 676 – 534 12 57

P.S. Mein Literaturtipp: Wenn Sie das Thema interessiert, empfehle ich Ihnen mein Buch Die Kunst der Gehaltsverhandlung, zu bestellen unter anderem auf Amazon.