Privat ein König, beruflich im Hamsterrad Was im privaten Bereich für viele üblich ist, wirkt im beruflichen Zusammenhang für die meisten zunächst ungewohnt: Andere Menschen dafür zu bezahlen, Aufgaben zu erledigen. Während Putzfrau, Taxifahrten oder Restaurantbesuche hierzulande nicht nur für Mitglieder einer exklusiven Oberschicht leistbar und üblich sind, machen sich die wenigsten Angestellten Gedanken darüber, die Dienste anderer auch beruflich in Anspruch zu nehmen. Stattdessen nehmen sie die ständig wachsende Arbeit im Hamsterrad zähneknirschend in Kauf und nähern sich mit raschen Schritten dem Burnout. Dabei ist das Angebot externer Dienstleister enorm groß. Mein Team in Indien Vor einigen Jahren kontaktierte mich der Manager eines Dienstleisters in Indien. Ich wollte sein E-Mail bereits als Spam löschen, als ich entdeckte, dass er sich mit mir und meinem Arbeitgeber inhaltlich auseinandergesetzt hatte. Ich berate ja Unternehmen zum Thema Gehalt und bin daher an Vergütungsdaten jeder Art interessiert. Er bot mir an, die Vorstandsgehälter großer Konzerne aus den Geschäftsberichten nach meinen Anforderungen zu erheben und aufzubereiten. Unter uns gesagt: Diese Arbeit ist extrem mühsam und zeitraubend. Ich war interessiert und schickte ihm eine Excel-Datei mit dem gewünschten Format. Sein Angebot warf mich fast vom Sessel: Es betrug ein Hunderstel meiner eigenen Kosten. Angesichts dieses extrem niedrigen Betrags hatte ich Zweifel wegen der Qualität, woraufhin er mir tags darauf die ersten ausgefüllten Daten kostenlos schickte. Jetzt hatte ich nur noch eine Frage: Wo kann ich unterschreiben? Die Gehaltsdaten der Manager stelle ich seither kostenlos auf unsere Firmenhomepage, um über Google oder Wikipedia zu meinem Spezialthema gefunden zu werden. Woche für Woche erhalten wir dadurch Hunderte Klicks von interessierten Besuchern. Vergleichbaren Traffic über Google Ads zu erzielen, wäre um ein Vielfaches teurer. Um die internen Prozesse meines damaligen Arbeitgebers abzukürzen, zahlte ich im ersten Jahr das Honorar der Inder selbst. Mein Chef erkannte bald den Nutzen der Dienstleistung für meinen Arbeitgeber, der seither die Rechnungen des externen Dienstleisters übernahm. Seit einigen Jahren arbeite ich nun mit dem indischen Dienstleister zusammen und habe mit ihnen nur positive Erfahrungen hinsichtlich Kundenservice, Geschwindigkeit und Qualität gemacht. Nicht alle Begegnungen mit externen Mitarbeitern waren so erfreulich. Für ein anderes Projekt suchte ich einen Texter, der nach meinen Vorgaben eine kreative Geschichte verfassen sollte. Meine Wahl fiel auf einen jungen Herrn, dessen Leistungen sich jedoch bald als unterirdisch herausstellten. Die erste Anzahlung an ihn war verlorenes Geld für mich. Suchen ist leicht, finden schwer Das Angebot externer Dienstleister ist riesig, doch das Problem aller Führungskräfte bleibt: Es ist genauso schwierig, gute externe Partner zu finden wie gute Mitarbeiter. Meine beliebtesten Quellen neben der klassischen Google-Suche sind: • Internet-Plattformen für Auftraggeber und Dienstleister, insbesondere guru.com, freelancer.com oder twago.com • Soziale Webseiten, wie insbesondere XING. Als besonders treffsicher erweist sich stets die Suche nach Stichworten im „Ich biete“-Feld und die Einschränkung „nur Kontakte und Kontakte 2. Grades“. • Private Empfehlungen: vor allem Freunde von Freunden, nicht aber Freunde selbst. Ich rate dringend davon ab, Privates und Geschäftliches zu vermischen. Nicht alle Aufgaben eignen sich für persönliches Outsourcing. Hier eine Auswahl von Themenbereichen, die ich für mich persönlich im beruflichen Zusammenhang an Externe vergeben habe: • Persönliche Dienstleistung und Beratung, z.B. Rhetoriktraining, Medientraining, Telefontraining, Stylingberatung • Kreative Dienstleistungen, z.B. Logodesign, Fotografie, redaktionelle Beratung • IT / Programmierung, z.B. Entwicklung einer Homepage, Programmierung einer Datenbank • Verfassen von Texten und Präsentationen, z.B. für Blogs, Homepage, Pressemitteilung, Berichte • Recherche, z.B. Datenerhebung • Administratives, z.B. Formatierungen, Übersetzungen, Lektorat Bestseller-Autor Tim Ferriss geht mit dem Konzept des persönlichen Outsourcing noch viel weiter. In seinem Buch „Die 4-Stunden-Woche“ beschreibt er, wie er sein gesamtes Unternehmen an externe Dienstleister vergab, um nur noch Montag Vormittag zu arbeiten. Seine virtuelle Assistentin besorgte sogar Blumen und verfasste eine Karte an seine Freundin zur Entschuldigung, dass er ihren Jahrestag vergessen hatte. Warum persönliches Outsourcing Bis zu welchem Grad Sie persönliches Outsourcing auch betreiben, es stecken immer die selben Gründe dahinter: • Bequemlichkeit: Die Datensammlung von Vorstandsgehältern aus Geschäftsberichten ist sehr aufwändig und ziemlich langweilig. Ich habe wenig Lust, diese Aufgabe jemals wieder selbst zu erledigen. • Qualität: Die Bilder eines professionellen Fotografen sind einfach um ein Vielfaches besser als meine Schnappschüsse. An meine eigenen Gehaltsstudien habe ich ja auch den Anspruch, deutlich bessere Qualität abzuliefern als ein kostenloser Gehaltscheck im Internet. • Zeit: Dieses Argument gilt in doppelter Hinsicht: Einerseits weiß ein Profi, welche Abkürzungen er nehmen kann und welche nicht. Andererseits gibt mir die Unterstützung durch andere die Zeit, Dinge zu erledigen, die für mich wichtiger sind. Ich delegiere möglichst viele zeitaufwändige Aufgaben, die für mein berufliches Weiterkommen hilfreich sein können. Ich delegiere, was ich weder gut noch gerne erledige. Ich delegiere jedoch nicht, wenn ich durch die eigene Erledigung wichtige Erfahrungen sammle. Hindernisse und Stolpersteine Die Suche nach einem guten externen Partner ist meist zeitraubend und häufig frustrierend. Es dauert trotz moderner Technik einfach Wochen und Monate, sogar Jahre, ein berufliches Netzwerk aufzubauen. Das Risiko, eigenes Geld an einen inkompetenten Dienstleister zu verlieren, ist gerade am Anfang groß. Starten Sie daher gerade zu Beginn einer Partnerschaft mit kleinen Schritten und bauen Sie sie behutsam aus. Wenn Sie etwa einen 50-seitigen Text von einem Ghostwriter verfassen lassen wollen, stimmen Sie zuerst das Grobkonzept ab. Lassen Sie sich Vorschläge für Kapitelüberschriften machen. Lassen Sie den Ghostwriter den Prozess beschreiben, wie er den Inhalt recherchieren wird. Lesen Sie die erste Seite, bevor Sie den Auftrag für weitere fünf Seiten geben. Besprechen Sie das erste Kapitel zur Gänze durch, bevor weitere Teile des Manuskripts verfasst werden. Stellen Sie klar, welcher Betrag nach Abnahme welcher Leistung überwiesen wird. Durch solche häufige Abstimmungsrunden minimieren Sie ihr eigenes Risiko und das Ihres Partners. Vertraulichkeit ist besonders heikles Thema bei der Fremdvergabe. Schließlich ist Vertrauen ist der Klebstoff aller Beziehungen. Lassen Sie sich gegebenenfalls eine unterschriebene Vertraulichkeitserklärung geben. Geschäftsgeheimnisse Ihres Arbeitgebers dürfen durch Ihre Aufträge natürlich niemals nach außen dringen. Klären Sie vor Beginn der Arbeiten, welche geistigen Rechte der Verfasser am Werk hat und welche nach Zahlung des vereinbarten Honorars auf Sie übergehen. Eine Diplomarbeit oder eine Dissertation sollten Sie im Übrigen immer selbst verfassen, um nicht als Plagiator dazustehen. Achten Sie auf mögliche Sprachbarrieren. Während Sie das Logodesign Ihrer privaten Homepage auch an einen pakistanischen Studenten vergeben können, sollten Sie einen externen Partner für die redaktionelle Begleitung eines Berichts nur im deutschsprachigen Raum suchen. Finanzielles Die Preise für die selbe Dienstleistung variieren extrem stark. Gerade bei unbekannten Dienstleistern bleibt immer das Spannungsfeld zwischen Preis und zu erwartender Qualität. Für das Verfassen eines Manuskripts von 50 Seiten zu einem bestimmten Thema erhielt ich ein Angebot eines indonesischen Studenten für 450 Euro, aber auch das Offert eines schwedischen Instituts für 12.000 Euro. Beides kam für mich nicht infrage. Beim niedrigsten Gebot hatte ich starke Zweifel an der Qualität der Leistung, letzteres war mir schlicht zu teuer. Kein Geld für das Investment in externe Partner zu haben, ist das vordergründigste Argument vieler Menschen gegen persönliches Outsourcing. Dabei ist gerade die Beschäftigung mit einer – wenn auch meist recht kleinen – Investition in die persönliche Karriere eine lohnende Erfahrung. Bei der Frage, eigenes Geld zu investieren, trennt sich die Spreu vom Weizen: Welche Themen sind Ihnen wirklich wichtig, welche sind nur nette Spinnereien. Indem Sie sich in Ihrer Arbeit auf jene Dinge konzentrieren, die Sie am besten können und am liebsten tun, andere wichtige Aufgaben an Spezialisten delegieren und weniger wichtige Ideen einfach nicht verwirklichen, erreichen Sie Ihre beruflichen Ziele am schnellsten. Stellen Sie sich die einfache Frage: Worin sollte ich 50 oder 100 Euro pro Monat investieren, um meine beruflichen Ziele leichter zu erreichen? Ein neues Foto für den Lebenslauf, eine Stunde Telefontraining oder administrative Unterstützung? Die meisten Menschen haben darauf keine Antwort und fragen sich frustriert, warum sie beruflich nicht vorankommen. Ich habe einen einzigen Karriererat an Sie: Suchen und entwickeln Sie Personen, die Sie in beruflichen Fragen unterstützen. Rom wurde nicht an einem Tag erbaut – und nicht von einem Menschen. ]]>
Persönliches Outsourcing
by Conrad Pramböck | 10. September 2012 | Karriere & Aufstieg, Selbstmanagement | 0 comments
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